Zehn Eigenschaften einer guten Führungskraft

Führungskraft und MitarbeiterZum Unternehmenszweck von Google gehört es, Daten nutzbar zu machen. Und es sind längst nicht nur Fremddaten, die von Google ausgewertet werden. Eine neue Untersuchung des Tech-Giganten hat sich mit dem Thema Leadership und Führungsfähigkeit beschäftigt. Und zwar auf Basis der Daten aus dem eigenen Unternehmen.

Ausgangspunkt war das legendäre Project Oxygen aus dem Jahr 2002. Damals wollten einige Verantwortliche von Google zeigen, dass Mitarbeiter vor allem Freiheit benötigen. Freiheit, wie die Luft zum Atmen. Das Project Oxygen (engl: Sauerstoff) hatte seinen Namen und bei Google entstanden Teams, die sich selbst managen durften. Oder mussten. Es gab keine Vorgesetzen. Die Anzahl der Hierarchie-Stufen ging nahe Null.

Allerdings fiel das Ergebnis unerwartet negativ aus: Die Produktivität dieser Teams explodierte nicht etwa, wie bei einer Schweißflamme, der Sauerstoff zugeführt wurde. Im Gegenteil: die Kreativität der Teams erstickte im Chaos und in Angst vor Fehlern.

Als Folge setzte Google dann ein Projekt auf, in dem die Performance von Teams in Relation zum Ergebnis von Mitarbeiterbefragungen gesetzt wurde. Alle Mitarbeiter wurden regelmässig dazu befragt, wie ihr Vorgesetzter führt. Diese insgesamt 13 Fragen waren standardisiert und immer gleich. Sie lauten übersetzt:

  1. Würdest du deinen Chef/deine Chefin anderen empfehlen?
    Anders formuliert: Ist die Person menschlich in Ordnung?
  2. Stellt dich dein Chef vor Herausforderungen, die dich weiterentwickeln und helfen, beruflich voran zu kommen?
    Klar: dazu muss eine gute Führungskraft wissen, was dem Mitarbeiter wichtig ist und wonach du beruflich strebst. Er oder sie muss den Mitarbeiter kennen lernen (wollen).
  3. Sind die Aufgaben und Ziele, die du erreichen sollst, nachvollziehbar formuliert?
    Auf deutsch: Ist dir klar, wie du mit der Aufgabe zum Erreichen der gemeinsamen Ziele des Unternehmens beitragen kannst, macht es Sinn, was du tust? Macht es daneben auch Spaß (wodurch du Energie gewinnen kannst)? Und drittens: siehst du, wie das, was du tust, dein Team/deine Abteilung verbindet und damit Identität stiftet und Teamwork ermöglicht?
  4. Bekommst du Feedback, das dich weiterbringt?
    Oft ein großes Problem: Fehlerkultur wird nicht gelebt. Wenn es Verbesserungspotential gibt, muss eine Führungskraft diese Möglichkeiten aufzeigen. Allerdings in konstruktiver Weise und im richtigen Verhältnis zum unerlässlichen Lob, auf das kein Mitarbeiter und kein Mensch verzichten kann. Kritik (auch konstruktive) nagt am Selbstwertgefühl jedes Menschen. Es sollte daher vier mal mehr bestärkt werden durch Lob für positive Beiträge!
  5. Lässt dein/e Chef/in dich deine Arbeit tun?
    Freiheit ist dann wichtig, wenn der Rahmen gesetzt ist. Eine gute Führungskraft sieht zu, dass sie aus dem Weg kommt, sobald die Mitarbeiter loslegen. Mikromanagement, bei dem in jedes Detail hineingefunkt wird, ist tödlich für die Motivation, für die Entwicklung und die Produktivität von Mitarbeitern. Gelingt etwas nicht (sofort), liegt es mindestens so stark an Fehleinschätzungen der Führungskraft wie an „Fehlern“ von Mitarbeitern.
  6. Ist dein Chef an dir als Mensch interessiert?
    Mitarbeiter müssen wissen, dass sich ihre Führungskraft um mehr sorgt, als nur die Produktivität. Ohne in falsche Kameradschaft zu verfallen, ist es wichtig, dass man sich menschlich versteht. Anteilnahme an dem, was neben dem Job noch zählt, an den Big Five for Life, ist eine wichtige Voraussetzung für das Entstehen von Vertrauen. Ohne Vertrauen ist keine optimale Leistung möglich.
  7. Kann deine Führungskraft Prioritäten setzen und das Team auf Kurs halten? Gut Ding will Weile haben, so sagt der Volksmund. Und es ist viel wahren daran. Wer sprunghaft auf neue Impulse reagiert (etwa ein „Feuerwehr-Auftrag“, der schnell dazwischen geschoben werden muss, damit sich nicht eine andere Abteilung oder ein Wettbewerber mit möglichen Erfolgen schmücken kann), riskiert Frustration und sogar Burn-Out seiner Mitarbeiter. Denn die sind es, die ihren Workflow unterbrechen müssen. Das kann in Ausnahmefällen unvermeidbar sein. Aber Ausnahmen sind selten. Wenn die Prioritäten zu oft und ohne für alle nachvollziehbare Gründe verschoben werden, sind es keine Ausnahmen. Dann ist es Führungsschwäche. Eine gute Führungskraft hat auch den Mumm, einem Kunden abzusagen, wenn die Kapazitäten erschöpft sind.
  8. Trifft dein Chef Entscheidungen, oder eiert er/sie rum?
    Nichts ist tödlicher für Vertrauen und Sicherheit in einem Team, als Wankelmut und Aufschieberitis bei fälligen Entscheidungen. Ein guter Vorgesetzter, eine gute Chefin ist nicht deswegen gut, weil er/sie ausschliesslich richtige Entscheidungen trifft und alles weiß. Unfehlbar ist nicht einmal der Papst. Vertrauen und Sicherheit gedeihen dort, wo die Führungskraft (nach umsichtiger Phase der Vorbereitung und gegebenenfalls Meinungsbildung im Team) den Mut hat, Entscheidungen zu treffen und damit die ihr zukommende Verantwortung zu übernehmen. Tut sie das nicht (etwa weil sie sich nicht sicher ist und Angst davor hat, Schuld zugewiesen zu bekommen), führt es zu krassem Vertrauensverlust im Team. Folge: rapide sinkende Produktivität und rasch steigende Kosten.
  9. Hortet er/sie Herrschaftswissen?
    »Wissen ist Macht« – mit diesem Francis Bacon zugeschriebenen Satz verbinden viele Menschen, leider auch solche in Führungspositionen, die Umkehr-Logik, wonach die Teilung von Wissen Macht entleert. Der Besitz von Informationen, das war Bacons Kernanliegen, macht bessere Entscheidungen möglich. Unkenntnis einer Ursache, so Bacon, täuscht über ihre Wirkung. Und das ist sicher so. Das gewünschte Ergebnis (Wirkung) kann nicht verlässlich geplant werden, wenn unklar ist, auf welche Maßnahmen (Impulse) die Wirkung zurück zu führen ist. Allerdings folgt daraus, um so klarer, dass ein Chef, der seine Mitarbeiter über die relevanten Informatinen eines Projektes im Unklaren lässt, letztlich sich selbst sabotiert. Denn die Nicht-Weitergabe von Informationen an die Teammitglieder führt neben dem Risiko von Fehlern in der Produktion bei den Mitarbeitern zu Frustration und Vertrauensverlust.
  10. Reflektiert dein/e Chef/in mindestens halbjährlich mit dir gemeinsam deine berufliche Entwicklung?
    (Strukturierte) Mitarbeitergespräche sind inzwischen in zahlreichen Tarifverträgen geregelt.  Dabei sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich Vorgesetzte Zeit nehmen, um mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ruhiger und motivierender Weise über die berufliche und damit zusammenhängende aspekte persönlicher Entwicklung zu sprechen. Wer gibt, gewinnt. Das ist nicht der Grundwert verläßlicher Business-Netzwerke, sondern auch im Verhältnis eines Mentors zu seinem Schützling.
  11. Ist dein/e Vorgesetze/r in der Lage, dich fachlich-inhaltlich weiterzuentwickeln?
    Anders ausgedrückt: entwickelt sich die Führungskraft nicht auch selbst ständig weiter, durch Fortbildungen und Selbststudium, ist es wenig glaubwürdig, dass er/sie in der Lage ist, den Horizont und die Fertigkeiten des Mitarbeiterin zu erweitern.
  12. Wird deine Meinung geschätzt, auch wenn sie nicht geteilt wird?
    Viel wichtiger als das Rechthaben, ist die Gewißheit, dass die eigene Meinung gehört wird. Denn aus solcher Praxis erwachsen Vertrauen und Qualität. Vertrauen entsteht durch die Wertschätzung, die mitW dem Interesse an der Meinung des Mitarbeiters ausgedrückt wird. Qualität ist die logische Folge routinemäßiger Konsultationen des Teams: Natürlich liegt nicht immer der Chef richtig!
  13. Arbeitet dein Chef für dich erkennbar grenzüberschreitend?
    Insbesondere ehrgeizige Führungspersonen neigen dazu, sich selbst und ihr Team von anderen abzugrenzen. Wie in der Schule fürchten sie, dass von ihnen profitiert wird. Dahinter steht ein Mindset des Mangels: „mein Nachteil, wenn der andere einen Vorteil hat.“ Tatsächlich ist es eher umgekehrt: Die gegenseitige Befruchtung führt zu besseren Ergebnissen. Sollte sich jemand mit fremden Federn schmücken, geht auch das nur begrenzte Zeit gut. Gerechtigkeit siegt und gute Leistung bleibt auf Dauer nicht unentdeckt. Also: arbeitet zusammen.

»Wer schnell sein will, geht alleine. Wer weit kommen will, geht mit anderen«
— afrikanisches Sprichwort

 

 

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